Mein Autoleben

Man nennt mich Max. Ja, Menschen sind so, was sie mit ihren Kindern, Hunden und Katzen machen, das machen sie gerne auch mit ihren Autos. Ich habe aber wohl Glück gehabt mit meinem aktuellen Herrchen, denn der Gute behandelt mich eigentlich prima, wohl auch, weil ich schon ein paar Jahre auf dem Puckel habe. Das nennt man Respekt vor dem Alter. Aber lassen Sie mich doch ein wenig aus meinem Leben berichten, wahrscheinlich wissen Sie gar nicht, dass Autos auch eine Kindheit und Jugend haben?

Die frühen Jahre

Geboren wurde ich in Wolfsburg, ein gähnend langweiliges Kaff, sagt man, aber davon habe ich nichts mitgekriegt, denn ich wurde gleich in den Süden verschickt, wo ich meine ersten Besitzer fand - oder sie mich! Dass das nun so toll war, kann ich nicht sagen, denn der Sohn des Hauses hatte mich als Geschenk zum Abi, als Drittwagen der Familie, geschenkt bekommen. Wenn Sie Abiturienten aus so genanntem gutem Haus kennen, wissen Sie, dass die sowas von unmöglich sind: schlampig, lieblos, achtlos, das ganze Programm. Nach ein paar Jahren musste ich weg, weil der Filius nun BWL-ler war und ein "standesgemäßes" Auto bekam, gut für mich, denn nun wurde es nett. Ein Schwabe, wie er im Buche steht, nahm mich in seine Obhut. Der wienerte und wischte mich, dass es eine Freude war, und, ja, das Gefühl, wenn der Staubsauger über meine Polster fuhr, fand ich als Pubertierender dann auch ganz nett. Ich wuchs also zu einem richtigen Auto heran.

Mr. Magic Max

Ruhige Zeiten - eine Garagenexistenz

Mein Herrchen, das ich sehr mochte, gab mich dann aber noch mal weiter, da er sich nicht mehr zutraute, selbst zu fahren. Ich kam an den Bodensee, tolle Gegend, sage ich Ihnen, aber leider sah ich von der Region seltenst etwas, denn der "Neue" (ich wurde nie so richtig warm mit ihm) nahm mich nur dann aus der Garage, wenn er seine Mutter in Koblenz besuchte, also am Sonntag. Ebenfalls zum Gähnen langweilig, diese Fahrten, dann das stundenlange Warten auf die Rückfahrt, meistens von Fluchen begleitet, denn er hasste seine Mutter. Kann ich was dafür, und warum fuhr der mich dann wie ein Berserker?

Die besten Jahre

Ein paar Jahre musste ich noch den Sonntagsgaul geben, dann starb der nicht mehr so ganz "Neue", welche Erleichterung! Ich kam zu einer netten Familie, die mich mit Windelpaketen, Riesenbergen Spielzeug, Karren und Einkäufen voll packte, was mit ein Gefühl enormer Wichtigkeit verlieh und bis heute verleiht. Auf meine Familie, Heike, Markus und den kleinen Luk, lasse ich nichts kommen, wir sind ein echt gutes Team. Hin und wieder fahren Markus und ich dem Alltag davon, wenn er zum Klettern in die Berge fährt. Dann sind wir zwei Männer unter uns, er erzählt mir ein bisschen was von seinen früheren Lieben, und ich biete ihm Schutz, wenn das Zelt im Schlamm zu versinken droht. Vielleicht ist mein Leben als Auto ein ganz normales, mag sein, aber ich glaube trotzdem, dass ich es hier sehr gut getroffen habe: genug Ausfahrten, gute Pflege, aber auch kein Verhätscheln - perfekt!

Das weise Alter

In den letzten Wochen haben sich seltsame Dinge ereignet. Da war beispielsweise der Nachbar, der mir Altersinkontinenz vorwarf. Also bitte, nach einer langen Fahrt schwitze ich mal ein wenig aber da gleich von Inkontinenz zu reden, ich weiß nicht. Dann hat er noch gesagt, ich würde qualmen und stinken, aber Hallo, erstens qualt er den ganzen Tag vorne herum und wenn er es hinten tut, das stinkt dann mal wirklich. Die paar kleinen blauen Rauchwölkchen, die ich ab und an abhuste, können doch nicht schlimm sein.

Der TüV-Besuch

Heute waren wir wieder bei dem TüV-Onkel. Da fahren wir regelmäßig hin. Eigentlich ist es da ganz nett, vor allem Markus, mein Besitzer, hat immer gute Laune, wenn wir von da wegfahren. Na ja, eine unangenehme Sache gibt es da, der Onkel steckt mir immer so ein Ding hinten rein. Was gibt es da zu Lachen? Gehen Sie gerne zur Darmspiegelung? Diesmal war es anders, der TüV-Onkel mochte mich wohl nicht, der hat mich geschlagen! Mit so einem kleinen spitzen Hämmerchen hat der mich an Stellen gehauen, ich werde noch rot, wenn ich daran denke. Das hat richtig weh getan. Mein Besitzer hatte auch nicht die beste Laune, als wir da weggefahren sind. Jetzt hat er mich hier abgestellt, was soll ich denn hier, das ist ja wie auf einem Friedhof, aber er kommt mich bestimmt gleich wieder holen.

Rest in Peace
R.I.P.